Gebirgsjäger-Gedächtnisweg Ostalpen
(Pfaffensattel, Steiermark – Saurüssel, Niederösterreich)

Abschnitt Von Nach Marschzeit
Abschnitt 1 Pfaffensattel Feistritzsattel 1 ¾ Stunden
Abschnitt 2 Feistritzsattel Sonnwendstein 3 Stunden
Abschnitt 3 Sonnwendstein Maria Schutz 1 ¼ Stunden
Abschnitt 4 Maria Schutz Bärenwirt ¾ Stunde
Abschnitt 5 Bärenwirt Eselstein ¾ Stunde
Abschnitt 6 Eselstein Adlitzgraben ¾ Stunde
Abschnitt 7 Adlitzgraben über Kobermannsberg und Kotstein Gasthaus „Polleres“ ¾ Stunde
Abschnitt 8 Gasthaus „Polleres“ Payerbach 2 ¼ Stunden
Abschnitt 9 Payerbach über Schneedörfl Saurüssel 2 ¾ Stunden

Der Gebirgsjäger-Gedächtnisweg Ostalpen führt durch eine wunderschöne Landschaft

Als im Schicksalsjahr 1945 schließlich das Semmeringgebiet zum Kriegsschauplatz wurde, leisteten deutsche Truppen auch dort erbitterten Widerstand gegen die Rote Armee. Man bezweckte nicht nur die Steiermark vor der vordringenden Soldateska zu schützen und ihr eine russische Besatzung zu ersparen, sondern die Angreifer auch möglichst lange aufzuhalten. Es sollte den eigenen Truppen in Jugoslawien und Ungarn ein geordneter Rückzug ermöglicht und ihnen so eine russische Kriegsgefangenschaft erspart werden.

Kampfgruppe Semmering

Oberstleutnant Ludwig Lang erhielt am 2. April 1945 aus Graz den Befehl eine Kampfgruppe zum Schutze des Semmerings zu bilden. Der Befehl General Ringels kam gerade rechtzeitig, denn bereits am 3. April 1945 hörten beim Sonnhof-Hotel in Stellung liegende Gebirgsjäger gegen 05:00 Uhr Musik. Sie stellten einen Harmonikaspieler an der Spitze zweier Kompanien, die auf der Straße von Breitenstein in Richtung Semmering marschierten, fest. Die Russen besetzten in der Folge den Pertl-Hof an der Adlitzgrabenstraße.

SS-Untersturmführer Michael von Oswald traf zu dieser Zeit beim Gebirgsjägerzug ein, ließ sich berichten und begab sich im Anschluss zum Kampfgruppengefechtsstand in das Südbahn-Hotel. Oberstleutnant Lang erteilte ihm dort den Angriffsbefehl.

Untersturmführer Oswald erinnert sich später: „Ich besprach mich mit den Admonter Jägern, die mich wunderbarerweise akzeptierten. Nach dem Konsum nur der besten Jahrgänge aus dem Keller des Sonnhof-Hotels traten die Gebirgsjäger zum Angriff an.“

Die den Pertl-Hof besetzenden Soldaten wurden geworfen, im Rücken der Angreifer konnten die Russen jedoch den Sonnhof erobern, weshalb es beim Rückzug in die Ausgangsstellung zu weiteren schweren Gefechten kam. „Die wenigen Gesunden schleppten die Verwundeten nach oben zum Südbahn-Hotel. Ich bekam – ich weiß es nicht mehr von wem – mit dem Rest meines Admonter Zuges eine Woche Urlaub und alle noch lebenden oder verwunderten Männer erhielten später durch Oberst Raithel das EK 2 bzw. EK 1, auch ich.“

Noch immer finden sich im Semmeringgebiet Spuren der Kämpfe

9. Gebirgsdivision

Als sich die Ostfront über das Semmeringgebiet erstreckte und Wien bereits gefallen war, wurde am 25. April 1945 die Gebirgsdivision Steiermark aufgestellt und direkt mit der zeitgleichen Aufstellung der 9. Gebirgsdivision in diese eingegliedert. Sie wurde zusätzlich durch die Kampfgruppe Semmering ergänzt und Oberst Raithel wurde ab 1. Mai 1945 ihr Kommandeur. Der aus Oberbayern stammende Heribert Raithel galt als begnadeter Alpinist und war unter seinen Männern äußerst beliebt. Im Zweiten Weltkrieg zeichnete sich der Gebirgsartillerist zunächst im Polen-, dann im Frankreichfeldzug aus. Als „Bunkerknacker der Metaxaslinie“ erhielt er das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes. Es folgten Kampfeinsätze auf der Mittelmeerinsel Kreta, vor Leningrad und am Wolchow sowie die Schlachten bei Monte Cassino. Die Ernennung zum Divisionkommandeur erfolgte durch den Oberbefehlshaber der 6. Armee, General der Panzertruppen Balck auf dem Gefechtsstand der Kampfgruppe Semmering in der Schober-Hütte.

Oberst Heribert Raithel (14. Juni 1910 – 14. Juli 1976), Kommandeur der 9. Gebirgsdivision

Die nunmehrige Division bestand aus ca. 10.400 Mann und war ein bunt zusammengewürfelter Haufen aus Gebirgsjägern, SS-Männern, Panzerjägern, Artilleristen, Piloten, Bodenpersonal der Luftwaffe, Marineangehörigen, Angehörigen des Volkssturmes, ungarischen Staatsbürgern sowie Polizisten aus Estland und Litauen. Für viele dieser Soldaten sollte es der erste Einsatz im Erdkampf werden, schicke Pilotenuniformen wurden gegen Infanterie-Kampfwesten getauscht. Diesem Umstand verdankt die Division auch ihr Abzeichen, es besteht aus einem Eispickel (Gebirgseinheiten) mit gekreuztem Propellerflügel (Luftwaffe).

Divisionsabzeichen der 9. Gebirgsdivision

Trotz der schwierigen Ausgangslage gelang es Oberst Raithel in nur kurzer Zeit eine funktionierende und kampfstarke Einheit aus den verschiedenen Waffengattungen zu bilden. Für seine Leistungen am Semmering sollte Raithel in den letzten Kriegstagen mit dem Eichenlaub zum Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes ausgezeichnet werden, welches er jedoch nicht mehr erhielt.

Der sowjetische Vorstoß durch die Steiermark in Richtung Fischbach am 13. April 1945

Der Frontabschnitt belief sich auf 36 km Länge und wurde, nachdem der Russe in der Steiermark bei Fischbach durchgebrochen war, vorübergehend im Süden um 24 km erweitert.

Gekämpft wurde bis sich die von Oberst Raithel im Divisionsgefechtsstand am Abend des 7. Mai 1945 an seine Kommandeure mit oftmals stockender Stimme überbrachte Mitteilung einer Waffenruhe mit Anbruch des 8. Mai 1945 an alle Einheiten und jeden Soldaten herumgesprochen hatte.

In seinem Tagebuch notierte der Oberwachtmeister Karl Pölzl, dessen Weg sich seit 1938 immer wieder mit dem seines Kommandeurs Heribert Raithel gekreuzt haben, am 8. Mai 1945:

„Spital (am Semmering). Auf einmal ist Raithel da mit seinem VW, auf dem noch einige Offiziere sitzen, einige PKW sind noch hinter ihm. Das Ritterkreuz schimmert am Hals, das Gesicht ist braungebrannt, wie immer. Dass er aufgab, wundert uns, aber vielleicht ist es besser: wir hätten nichts mehr gerettet. Stolz sind wir auf ihn.“

Es galt nun bis 09:00 Uhr des 9. Mai 1945 die Enns nach Westen zu überschreiten, um sich der russischen Kriegsgefangenschaft zu entziehen. Nicht jede Einheit erreichte diese Information rechtzeitig, dem Großteil der Division gelang es jedoch über die Straßen Reichenau an der Rax, Preiner Gscheid, Mariazell, Wildalpen und das Ennstal bzw. Mürzzuschlag, das Mürztal, Bruck an der Mur, Leoben und den Schoberpass nach Liezen die rettende Demarkationslinie zu erreichen und sich den Amerikanern zu ergeben. Eine jahrelange Kriegsgefangenschaft in den sibirischen Lagern des Grauens und Schreckens blieb damit den meisten Angehörigen der 9. Gebirgsdivision erspart.

Der Oberbefehlshaber der 6. Armee, General der Panzertruppen Balck urteilte nach dem Krieg über die 9. Gebirgsdivision:

„Undenkbar wäre die Rückführung der Truppen der 6. Armee nach Deutschland gewesen ohne den Widerstand am Semmering. Dass Hunderttausende die Heimat wiedersehen und nicht in Sibirien untergingen, war mit ein Verdienst der Kämpfer vom Semmering.“

Die 9. Gebirgsdivision hatte in der kurzen Zeit ihres Bestehens zwischen fünf- und sechshundert Gefallene zu beklagen. Sie liegen auf den Kriegerfriedhöfen NÖ-Süd Blumau, Semmering, Rettenegg und St. Kathrein am Hauenstein. Ein Besuch und stilles Innehalten vor den vielen Kreuzen und den damit verbundenen Schicksalen regt zum Nachdenken an.

Bis heute werden von Sondengängern oder bei Bauarbeiten gefallene Soldaten beider Seiten gefunden. Oft wurden sie direkt im Schützenloch, in dem sie gefallen waren, bestattet. Eine Identifikation ist in vielen Fällen nicht mehr möglich.

Der Soldatenfriedhof am Semmering, direkt gegenüber der Schilifte

Gebirgsjäger-Gedächtnisweg Ostalpen

Zur Erinnerung an die Kämpfer vom Semmering wurde der Gebirgsjäger-Gedächtnisweg Ostalpen von Friedrich Brettner angelegt. Ihm verdanken wir sowohl die historische Aufarbeitung der Kämpfe wie auch die detaillierte, von uns aktualisierte und hier veröffentlichte Wegbeschreibung. Seine 1992 mit einem weißen Edelweiß auf grünem Hintergrund markierte Wegstrecke wurde 2022 nachmarkiert. Sie ist 37 Kilometer lang, überwindet 2400 Höhenmeter und führt vom Pfaffensattel über den Feistritzsattel zum Sonnwendstein, weiter über Maria Schutz zum Eselstein, in den Adlitzgraben, über den Kreuzberg nach Payerbach und schließlich hinauf zum 1340 Meter hohen Saurüssel, wo die Divisionsgrenze verlief.

Das Durchwandern des gesamten Weges an einem Tag erfordert ein gutes Maß an Kondition und „Wadlschmalz“, wurde aber bereits des Öfteren gemacht. Alternativ können Geschichts- und Naturinteressierte den Weitwanderweg natürlich auch abschnittsweise begehen.

Noch heute sind an vielen Orten Spuren der Kämpfe zu erkennen, manchmal bedarf es aber schon eines sehr aufmerksamen Blickes. Der Zahn der Zeit hat durch natürliche Einflüsse und forstliche Rodung zahlreiches verschwinden lassen. Vieles ist aber noch da und einiges ist vielleicht noch nicht einmal entdeckt.

Höhenprofil Gebirgsjäger-Gedächtnisweg Ostalpen

Wegverlauf vom Pfaffensattel bis zum Saurüssel

Der Gebirgsjäger-Gedächtnisweg Ostalpen ist in der Natur durchgehend mit einem weißen Edelweiß auf grünem Grund markiert. In den meisten Wanderkarten ist er ebenfalls eingezeichnet. Abschnitte, die besonders umkämpft waren, sind mit Hinweistafeln versehen.

Markierung am Gebirgsjäger-Gedächtnisweg Ostalpen

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